International
Donald Trump

Hearings zeigen Trumps perfide Strategie: Terror

Die 1/6-Hearings zeigen Trumps perfide Strategie

Trump und seine Helfer schürten gezielt Terror gegen arglose Amerikaner und selbst die eigene Partei. Zeugen schilderten jetzt, wie perfide und ruchlos sie vorgingen.
22.06.2022, 11:0922.06.2022, 13:20
Bastian Brauns, Washington / t-online
Mehr «International»
Former President Donald Trump speaks to the crowd gathered at the Landers Center in Southaven, Miss., Saturday, June 18, 2022. (Joe Rondone/The Commercial Appeal via AP)
Nahm alle ins Visier, die seinen Theorien im Weg standen: Donald Trump.Bild: keystone
Ein Artikel von
t-online

Ein Ingwer-Bonbon führte dazu, dass Donald Trumps Komplizen öffentlich unschuldige Menschen verleumdeten. So sah sich die unbescholtene Wahlhelferin Shaye Moss im Bundesstaat Georgia nach den Präsidentschaftswahlen 2020 wegen dieser Süssigkeit plötzlich mit dem Vorwurf konfrontiert, eine Wahlbetrügerin zu sein.

Trumps Anwalt und Berater Rudy Giuliani wollte damals auf einem Video gesehen haben, wie Moss und ihre Mutter einander USB-Sticks zugeschoben haben sollen. «Als wären es Fläschchen mit Heroin oder Kokain», unterstellte Giuliani. Das Ingwer-Bonbon war als erfundener USB-Stick einer von Trumps und Giulianis vermeintlichen Beweisen für den behaupteten massenhaften Wahlbetrug in den USA.

epa10026550 Georgia election worker Shaye Moss (C), gestures while testifying, as her mother, Georgia election worker Ruby Freeman (R), looks on, during a public hearing of the House Select Committee  ...
Ohne Schuld in Trumps Visier: Shaye MossBild: keystone

Shaye Moss sass am Dienstag im Untersuchungsausschuss des US-Kongresses, erzählte ihre Geschichte und konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Mit belegter Stimme berichtete sie dem Komitee, wie sie nach Giulianis Äusserungen bedroht, diffamiert und beleidigt worden sei. Ins Haus ihrer Mutter drangen Männer ein, die Angst und Schrecken verbreiten wollten.

Auch anderthalb Jahre später kann Moss es noch nicht fassen, dass der US-Präsident und sein Komplize Giuliani sie öffentlich derart hingerichtet hätten. «Es gab viele Morddrohungen. Man sagte mir, dass ich mit meiner Mutter ins Gefängnis kommen werde, und ich bekam Dinge zu hören wie 'Sei froh, dass es 2020 ist und nicht 1920.'»

Ihre Mutter Ruby Freeland sagte ebenfalls als Zeugin aus. Fassungslos fragte sie: «Wissen Sie, wie es sich anfühlt, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten Sie zu einem Ziel erklärt?»

Es sind Geschichten wie diese, die am vorletzten Tag der Anhörungen im US-Kongress Aufschluss darüber geben, wie Donald Trump und seine Helfershelfer gezielt Terrormethoden gegen die eigene Bevölkerung, die eigene Partei und das eigene Land einsetzten. Gewalt nahmen sie dafür in Kauf. Es sind Erzählungen, die zeigen, wie ruchlos sie vorgingen, um ihre Herrschaft auf undemokratische Weise zu sichern. Denn zu diesem Zeitpunkt war ihnen längst klar: Sie hatten verloren.

Rusty Bowers, Arizona state House Speaker, Brad Raffensperger, Georgia Secretary of State, and Gabe Sterling, Georgia Deputy Secretary of State, testify as the House select committee investigating the ...
Rusty Bowers, Brad Raffensperger und Gabe SterlingBild: keystone

Auch Republikaner wurden eingeschüchtert

Ein anderes Opfer von Donald Trump ist Russel Bower, ein Republikaner und der Sprecher des Abgeordnetenhauses von Arizona. In einer der wahlentscheidenden Bundesstaaten hatte sich Bower den Drohungen von Donald Trump und dem Druck, die Wahl zu manipulieren, widersetzt. Auch er beschreibt vor dem Ausschuss, wie er in seinem eigenen Haus von Fremden belästigt worden sei. Auch er ist den Tränen nahe, als er erwähnt, wie seine todkranke Tochter unter diesen Schikanen zu leiden hatte. Ende Januar 2021 starb sie.

Bower hatte Trump gewählt und für ihn Wahlkampf gemacht. Als Trump und Giuliani ihn aber in einem Telefonat aufforderten, «Massnahmen zu ergreifen», um die «gestohlene Wahl» anzufechten, machte er nicht mehr mit. Er forderte Beweise. Giuliani und Trump aber hatten keine, «lediglich Theorien». Es sei sein Glaubensgrundsatz, sagt er aus, dass die Verfassung der USA göttlich inspiriert sei. «Das ist eine meiner grundlegendsten Überzeugungen.» Aus diesem Grund habe er den von Trump geforderten Verfassungsbruch nicht begangen.

This image released by Campfire Studios shows former New York City mayor Rudy Giuliani in a scene from the documentary "Rudy! A Documusical." (Campfire Studios via AP)
«Viele Theorien, aber keine Evidenz»: Trumps Komplize Rudy GiulianiBild: keystone

Telefonterror und Nötigungen

Überhaupt scheinen Telefonate eines der Lieblingsdruckmittel gewesen zu sein. Trump, Giuliani und seine Schergen quatschen Mailboxen voll, riefen immer wieder an, versuchten die eigenen Parteikollegen auf diese Weise mürbe zu machen.

Berüchtigt ist etwa der mehr als eine Stunde dauernde persönliche Telefonanruf von Donald Trump beim Innenminister des Bundesstaats Georgia, Brad Raffensperger. Von ihm wollte der Ex-Präsident exakt 11'780 Stimmen haben, die er einfach «finden» sollte.

Trump drohte Raffensperger mit rechtlichen Konsequenzen, sollte er nicht gegen den vermeintlichen Wahlbetrug vorgehen. Der Republikaner aus Georgia lehnte das ab. Auch bei ihm folgten öffentliche Diffamierungen als RINO (Republican In Name Only) , also «Republikaner nur dem Namen nach», seine Frau sei «widerlich sexuell» belästigt worden. Und ins Haus seiner Schwiegertochter sei ausserdem eingebrochen worden.

Lügen erreichen die Herzen der Menschen

Ebenfalls aus Georgia geladen war Gabriel Sterling, Raffenspergers Stellvertreter. Er hatte Donald Trump und die Republikaner nach den Präsidentschaftswahlen scharf attackiert. Wenn sie das Wahlsystem angriffen, seien sie «mitschuldig» an Belästigungen und Drohungen gegen Wahlhelfer, einschliesslich Morddrohungen gegen den Innenminister Brad Raffensperger und dessen Familie.

«Es ist alles zu weit gegangen», sagte Gabriel Sterling damals und richtete sich wütend an Trump und die GOP-Senatoren in Washington: «Herr Präsident, Sie haben diese Sprache und sie haben diese Aktionen nicht verurteilt. Senatoren, Sie haben diese Sprache und Sie haben diese Aktionen nicht verurteilt.»

Sterling machte am Dienstag im Ausschuss deutlich, was das Schlimme an all den Lügen und dem daraus resultierenden Terror ist: Die Lügen würden die Herzen der Menschen erreichen. «Dann spielen die Fakten keine Rolle mehr.»

Das Muster von Donald Trump und seinen Komplizen wie Rudy Giuliani war und ist im Grunde immer das gleiche: lügen, einschüchtern – und wer nicht spurt, wird öffentlich denunziert.

Die «schmutzige Arbeit» erledigt dann der Mob auf der Strasse. Trump nutzte gezielt den Unmut und die Wut der Menschen, um sie gegen die eigenen Leute aufzuhetzen. Gefahr für Leib und Leben der Betroffenen – darauf lässt er es ankommen.

Verwendete Quellen:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
26 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
GianniR
22.06.2022 12:05registriert April 2020
Eine Schande wäre, wenn bei so viel Evidenz keine Anklage gegen Trump und seine Mittäter erfolgen würde.
994
Melden
Zum Kommentar
avatar
RicoH
22.06.2022 11:32registriert Mai 2019
Es kommt wenig wirklich neues zu Tage. Trotzdem ist es extrem wichtig, die Zusammenhänge mit Beweisen öffentlich zu machen. Die Hillibillies wird man leider auch damit nicht erreichen.
Ich hoffe mal, dass die Beweise endlich auch in den USA ausreichen, um Trump hinter Gittern zu bringen.
675
Melden
Zum Kommentar
avatar
Unicron
22.06.2022 12:34registriert November 2016
Und das alles nur für das Ego eines grössenwahnsinnigen Immobilienhändlers.
382
Melden
Zum Kommentar
26
Italo-Westernheld und Erfolgs-Produzent: Mark Damon gestorben

Der US-amerikanische Schauspieler und Film-Produzent Mark Damon ist tot.

Zur Story